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Die Jugend und die Infrastruktur

Veröffentlicht am 09.08.2021 in Kommunalpolitik
 

Lennart Pieper; Juso-Vorsitzender

Dass Wilhelmshaven vorsichtig ausgedrückt vor einem demographischen Problem steht, ist wahrlich nichts Neues. Seit Jahren wird Wilhelmshaven immer älter. Es liegt sicherlich auch am Zuzug der Älteren von außen, ist aber primär darauf zurückzuführen, dass seit Jahren die jungen Leute aus Wilhelmshaven wegziehen. Diese Entwicklung ist grundsätzlich auf mehrere Probleme zurückzuführen.
Das, was jedoch am meisten heraussticht, ist das vollständige Versagen in der Infrastrukturpolitik.Da haben wir zuallererst unseren ÖPNV, wobei ich mich hier nur auf die Stadtwerke beziehen werde. Zwar ist an diesem grundsätzlich erstmal nichts auszusetzen, jedoch liegt hier das Problem eher an dem, was nicht gemacht wird. Da haben wir z.B. dem kompletten Wegfall von Nachtlinien. Ab 0:00 Uhr fährt kein Bus mehr.

Vor allem für junge Menschen ist es schwierig, die in ihrer Freizeit auch gerne nach 0 Uhr noch unterwegs sein wollen bzw. ihren Heimweg antreten. Manch einer mag dieser Kritik nun einen mangelnden Bedarf entgegensetzen, jedoch kommen wir damit bereits zum nächsten Problem.
Die Digitalisierung wurde bei den Stadtwerken komplett verpennt. Es gibt keine digitalen Tickets. Eine dynamische Bedarfsplanung, welche man z.B. eben auch nutzen könnte um eventuelle Nachtlinien bzw. deren Frequentierung zu planen, fehlen komplett.
Zugegebenermaßen ist Wilhelmshaven mit diesem technischen Stand zwar noch nicht abgehängt, jedoch würde eine Entwicklung in diese Richtung die Attraktivität unserer Stadtwerke ungemein steigern.
Wo wir gerade beim Verkehr sind, auch noch ein Absatz zu unseren Radwegen. Hier gibt es aktuell Schritte in die richtige Richtung. Beispielsweise die Tatsache, dass auf lange Sicht die Bremer Str. eine Fahrradstraße werden soll. Jedoch ist ansonsten der Zustand unserer Radwege absolut katastrophal. Wenn sie denn überhaupt vorhanden sind, ist ihr Zustand absolut inakzeptabel. Ein Umdenken der Stadtverwaltung kann insbesondere jungen Menschen, welche vermehrt auf das Fahrrad setzen, deutlich Anreize bieten, in unserer Stadt zu bleiben.
Zu guter Letzt zum Netzausbau, welcher in Wilhelmshaven zwar keine Vollkatastrophe ist, uns jedoch mit Blick auf die Zukunft schwer auf die Füße fallen wird. Doch das Gute zuerst; Bis auf den Stadtnorden sind sowohl Festnetz als auch Mobilfunk zumindest auf dem erforderlichen Minimum, eine Datenrate von 50 Mbits eigentlich immer garantiert.
Doch mit Blick auf die Zukunft wird das nicht reichen. Der Datenverbrauch der jungen Leute reizt solche Übertragungsraten seit langem aus. Das Netz baut nach wie vor nur auf alte Telefonleitungen und das Kabelfernsehnetz auf. Bei letzterem ist zwar noch ein bisschen Luft nach oben, konsequenter wäre es aber mit Blick auf die Zukunft, in die Verlegung von Glasfaser zu investieren. Davon profitieren nicht nur Privatkunden. Es schafft auch Anreize für Unternehmen, welche auf hohe Datenraten angewiesen sind. Der Landkreis Friesland macht es vor.
All dies ist jedoch nur symptomatisch für ein grundsätzliches Problem. Jeder weiß, dass ein Hausbau beim Fundament beginnt, die Stadt versucht jedoch von sich aus mit dem Dach anzufangen. Es wird grundsätzlich nicht von der Infrastruktur hergedacht. Das kann eine Weile funktionieren, und die Stadt kann sich sicherlich auch noch weiter 10 Jahre so durchmogeln, doch wenn wir einmal realistisch sind, dann hat die Uhr bereits 13 geschlagen! Wir sind am letzten Punkt für eine Kurskorrektur. Wenn wir diese nicht einläuten, dann werden wir damit innerhalb kürzester Zeit leider unser eigenes Schicksal zementiert haben. Und das wäre, vor allem mit Blick auf die Jugend, furchtbar schade.