Heute gedenkt die SPD-Fraktion anlässlich des 80. Todestages einer beeindruckenden Frau, die in einer Zeit des Wandels und der Herausforderungen ihren unermüdlichen Beitrag zur Frauenbewegung und zur politischen Landschaft Deutschlands geleistet hat. Die Rede ist von Marie Helene Wilhelmine Behncke, geborene Rosenbohm, später bekannt als Marie Behncke.
Marie Behncke wurde am 21. Februar 1880 in Dangastermoor geboren, in eine Zeit und in Verhältnisse, die wenig Raum für große Träume boten. Als uneheliche Tochter einer Dienstmagd wuchs sie in ärmlichen Verhältnissen auf und übernahm nach der Volksschule selbst eine Anstellung als Dienstmädchen in Rüstringen und Wilhelmshaven. Doch trotz dieser schwierigen Ausgangslage ließ sie sich nicht entmutigen. Ihre Geschichte ist eine Geschichte von Mut, Durchhaltevermögen und der Entschlossenheit, für eine gerechtere Gesellschaft zu kämpfen.
1902 heiratete sie den Maschinenbauer Hermann Behncke, der auf der Kaiserlichen Werft arbeitete. Gemeinsam teilten sie eine tiefe politische Überzeugung: die Verbundenheit zur Sozialdemokratie. Diese Überzeugung führte Marie Behncke in die aktive politische Arbeit. Sie trat der SPD bei und engagierte sich ab 1914 im Bezirksvorstand der Partei. Ihre Arbeit dort war geprägt von ihrem unerschütterlichen Glauben an die Gleichberechtigung und die Rechte der Arbeiterklasse.
Marie Behncke war nicht nur eine treue Sozialdemokratin, sondern auch eine Pionierin in der politischen Vertretung von Frauen. 1920 gründete sie die Arbeiterwohlfahrt in Rüstringen/Wilhelmshaven mit, um denjenigen zu helfen, die in der Gesellschaft am meisten benachteiligt waren. Ihr Einsatz für soziale Gerechtigkeit und Frauenrechte führte dazu, dass sie nach dem Ausscheiden von Paul Hug aus der Weimarer Nationalversammlung und der Nichtannahme des Mandats durch August Jordan am 7. August 1919 Mitglied dieser historischen Versammlung wurde. Damit war sie die erste Parlamentarierin aus Nordwestdeutschland.
Doch ihr politischer Weg war nicht frei von Rückschlägen. Ihre Kandidatur für die Verfassunggebende Länderversammlung in Oldenburg blieb 1919 erfolglos, ebenso wie ihre Kandidatur für die Reichstagswahl 1920. Doch Marie Behncke ließ sich davon nicht beirren. Sie war eine Frau, die wusste, dass politische Veränderungen Zeit und Ausdauer benötigen.
Tragischerweise erlitt Marie Behncke 1927 einen herben persönlichen Verlust, als ihre beiden Söhne auf rätselhafte Weise ums Leben kamen. Dieser Schmerz führte dazu, dass sie sich weitgehend aus der politischen Arbeit zurückzog. Sie verstarb am 16. August 1944 in Wilhelmshaven.
Heute, da wir an Marie Behncke erinnern, würdigen wir nicht nur ihre politischen Errungenschaften, sondern auch den Geist der Frauenbewegung, den sie verkörperte. Sie stand aufrecht in einer Zeit, in der Frauen noch um die grundlegendsten Rechte kämpfen mussten. Sie setzte sich für die Schwachen ein, für die Arbeiterinnen und Arbeiter, und kämpfte für eine Welt, in der Gleichberechtigung und Gerechtigkeit keine leeren Worte sind.
In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, an einen weiteren Meilenstein in der Geschichte der Gleichberechtigung zu erinnern, wofür Frauen wie Marie Behncke die Grundlagen gelegt haben: den 27. Oktober 1994. An diesem Tag wurde der geänderte Artikel 3, Absatz 2 ins Grundgesetz aufgenommen, der die Gleichberechtigung von Frauen und Männern stärkte. Die Formulierung „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“ ist seitdem ein zentraler Bestandteil unseres Grundgesetzes und ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer gerechteren Gesellschaft.
Marie Behncke ist ein Vorbild für uns alle. Ihr Leben erinnert uns daran, dass der Weg zu Freiheit und Gleichberechtigung niemals einfach ist, aber dass jeder Schritt, den wir gehen, die Zukunft ein Stück besser machen kann.
Bild: Marie Behncke, Quelle: "Der andere Weg" von Ellen Mosebach-Tegtmeier.
Für die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Wilhelmshaven
Bürgemreisterin Gesche Marxfeld
Ratsfrau Christina Heide
Ratsfrau Susanne Kempcke
Ratsfrau Nurhayat Bakir-Block
Ratsfrau Birgit Holtz
Ratsfrau Gabriele Schröder