Moin!

Wortbeitrag zum Thema "PPP" während der Ratssitzung vom 21.04.2010

Veröffentlicht am 20.04.2010 in Kommunalpolitik
 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,

ich habe bereits in der gemeinsamen Sitzung des Schulausschusses
und Betriebsausschusses GGS detailliert vorgetragen, warum eine Entscheidung im Dezember nach erfolgter Auswertung des Aus-
schreibungsverfahrens nur noch eine Entscheidung für „PPP“
zulässt, denn mit der Abgabe ihrer Angebote genießen „PPP“-
Anbieter einen Vertrauensschutz.
Die Kämmerei wird uns vortragen, dass „PPP“ wesentlicher

wirtschaftlicher ist, denn sie wird alles mögliche hineinrechnen,
nur um recht zu haben.
Ich habe mir das Ausschreibungsverfahren genau angesehen.
Es ist überhaupt kein Vergleich zwischen „PPP“ und Eigen –
leistung möglich, denn bei der geplanten Ausschreibung han-
delt es sich nur um eine funktionale Ausschreibung, denn ein Ausschreibungsverfahren mit Massen und genauen Leistungs –
verzeichnissen wird es nicht geben.
Die VOB beschreibt im § 9, dass die zu vergebenden Leistungen
eindeutig und erschöpfend zu beschreiben sind und dass alle
Bieter die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen, usw.
Wie soll das bei „PPP“ gehen ?
Wie will man vergleichen können ?
Es ist genau so, als wenn ich zum Autohändler gehen würde und
sage : „ Ich will ein Auto kaufen !“ Ich bestimme noch die
Farbe, dass es neu sein soll und ein Schiebedach hat. Haupt- sache, es fährt ! Den genauen Preis sagt mir der Händler nicht,
aber was ich die nächsten Jahre abdrücken muss. Mal sehen,
was ich bekomme ? Ein 500er Modell oder eine Nobelkarosse ?
Ich habe mich gefragt, wer denn Nutznießer „PPP“- geplanter Baumaßnahmen ist ?
Die Antwort lässt sich schnell bei den „PPP“-Befürwortern und
Werbern finden:
Großindustrie, Banken, Finanzierungsgesellschaften, Großkanzleien, Unternehmens- und Steuerberatungsfirmen und
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.
Auf den kommunalen Ebenen sind es Oberbürgermeister, Bürgermeister, entscheidende Politiker, weil sie ihre Bezüge doch
behalten, obwohl ganze Abteilungen profitorientierten Unter-
nehmen überantwortet werden.
Beliebt sind die Mitgliedschaften in Aufsichtsgremien und
Beiräten in privatrechtlichen organisierten Gremien, die
extra dann zur Abwicklung solcher „PPP“ – Geschäfte
installiert werden. So könnte man die Einkünfte kumulieren !
Zu den Verlierern gehören die kleinen und mittleren Unternehmen vor Ort. Sie werden zu Opfern der Markmacht weniger Großunternehmen. Folge: Arbeitsplatzverlust vor Ort,
Insolvenzen.
Im übrigen habe ich mich gewundert, dass die Vertreter der N-Bank, die ja „PPP“ finanziert, schon bei der Vorstellung der
Planung vor Ort waren. Ist da vielleicht schon eine Anschubfinanzierung geflossen ?
Warum entschließen sich immer mehr Kommunen und sogar
Ministerpräsidenten mit ihren Landesregierungen sich von „PPP“ zu verabschieden.
Wird „WHV“ ein Markenzeichen für das einzige „PPP“ Projekt in Niedersachsen ?
Seit mehr als dreißig Jahren sind neoliberal berauschte Eliten aus Politik und Wirtschaft dabei, uns fanatisch das Märchen von mehr Markt, weniger Staat, weil die ja sowieso nichts können,
Privatisierung, Flexibilisierung und Deregulierung mit einem
Presslufthammer einzuschlagen.
Macht endlich Schluss mit dem Märchen „„PPP“ löst die Finanz –
nöte unserer Städte !“
Längst stehen schon private Dienstleister in den Startlöchern,
um auch Verwaltungsaufgaben zu übernehmen, um salopp
gesagt, die „Auswüchse der Bürokratie“ zu beseitigen, übrigens
ein Werbeslogan der Bertelsmann-Tochter Avarto.
Aber wieder zu unserem Projekt „Gymnasium am Mühlenweg“.
Wir entscheiden nicht über eine Summe von über 17 Mio. €, sondern betrachtet man die 20-jährige Laufzeit, über eine Summe
von ca. 75 – 80 Mio. €.
Die praktische Erfahrung erleben wir vor Ort ( Grundschulzen-
trum Rheinstraße, Küstenmuseum ). Teuer, teuer , teuer !
Und wenn wir dann später über das Ausmaß jammern, heißt es
immer wieder: „Das ist doch Ratbeschluss, darüber habt ihr doch
abgestimmt, und daran haben wir uns gehalten !“
Ich habe einige wesentliche nachteilige Punkte zusammengetragen:
1. Es muss ein komplettes Ausschreibungsverfahren für alle zu
erbringenden Leistungen stattfinden
2. Ein vorzeitiger Beginn unter Ausnutzung der Marktsituation
kann nicht von uns genutzt werden
3. Der Einfluss des Eigenbetriebes und der Gremien auf mög-
liche Änderungen und notwendige Anpassungen, die heute
noch nicht erkennbar sind, entfällt oder mit ist nur mit einem erheblichen Verwaltungs- und Kostenaufwand, auch schon wegen der juristischen Absicherung, stark eingeschränkt.
4. Der erhoffte finanzielle Vorteil wird ausbleiben
5. GGS hat einen hohen, kostenträchtigen und personellen Aufwand für die Kontrolle
6. Wir tragen eine Menge Risiken: das Insolvenzrisiko,
das Rechtsänderungsrisiko, das Risiko der Steuerrechts-
änderung, das Finanzrisiko
7. das Risiko, unsere Raten später an „Heuschrecken“ zahlen zu
müssen
8. die totale Intransparenz

Alle „PPP“ – Anbieter rechnen mit einer ordentlichen Rendite,
denn Unternehmer wollen und müssen Geld verdienen und wer-
den keine Geschenke verteilen, auch nicht an die Stadt Wilhelms-
haven !
Im übrigen wurde das Einsparpotential ständig nach unten
korrigiert, eigentlich eine merkwürdige Rechnung :
Die Kommunen genießen einen Zinsvorteil von ca. 2 %, die Rendite soll ca. 10 % oder mehr betragen, dennoch behauptet der
Kämmerer, das Einsparpotenzial beträgt 8 – 10 %, folglich müssten die Ausschreibungsergebnisse bei GGS ca. 20 % über den
Ergebnissen von „PPP“- Anbietern liegen. Nicht nachvollziehbar !
Was ist, wenn wir auf Grund der demografischen Entwicklung
die Menge der Flächen in 10 Jahren gar nicht benötigen ?
„PPP“ bedeutet eine langfristige Bindung, eine langjährige Bindung ohne Handlungsspielraum.
Ich habe den Kämmerer um ein Gespräch gebeten. Das hat bis heute nicht statt gefunden! Hat er sich schon für „PPP“ fest-
gelegt und entschieden ?
Wir müssen die Kraft besitzen, zu erkennen, dass wir eine Fehlentscheidung unbedingt korrigieren müssen, und zwar jetzt,
sonst fährt der Zug ungebremst und unaufhaltsam in Richtung „PPP“. Kolleginnen und Kollegen ! Haben Sie heute den Mut,
denn warten, mal sehen, was da kommt, nimmt uns die spätere
Entscheidungsgewalt !
Andere Kommunen sind diesen Weg gegangen, unter anderem auch Friesland.
Oder ticken die Uhren in Wilhelmshaven anders ?